Fiktionsbescheinigung
Eine Fiktionsbescheinigung ist ein amtliches Dokument, das Ausländern in Deutschland ausgestellt wird, um nachzuweisen, dass sie während der Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis rechtmäßig im Bundesgebiet bleiben dürfen. Es handelt sich um eine Art "Überbrückungslösung", die solange gilt, bis über den eigentlichen Antrag entschieden ist. Das Dokument bestätigt das sogenannte fiktive Aufenthaltsrecht. Das fiktive Aufenthaltsrecht bedeutet, dass sich der Ausländer rechtmäßig in Deutschland aufhält, bis die Ausländerbehörde über seinen Antrag entscheidet. Dieses Recht entsteht von Rechts wegen mit der Stellung des Antrags auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder auf Verlängerung einer bestehenden Aufenthaltserlaubnis. Ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gilt der Aufenthalt des Ausländers in Deutschland trotz Ablauf seines Visums oder seiner bestehenden Aufenthaltserlaubnis als gestattet. Es muss klar sein, dass die Fiktionsbescheinigung keine Garantie dafür ist, dass dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stattgegeben wird.
Mit einer Fiktionsbescheinigung hat der Ausländer in der Regel die gleichen Rechte wie mit dem zuvor gültigen Aufenthaltstitel. Das bedeutet, dass er rechtmäßig in Deutschland wohnen darf. Er darf eine eine Arbeit aufnehmen oder ausüben. Unter bestimmten Voraussetzungen darf er ausreisen und wieder einreisen.
Die Ausstellung der Fiktionsbescheinigung in Form eines Dokuments hat nur eine deklaratorische Wirkung, da das fiktive Aufenthaltsrecht automatisch kraft Gesetzes und ohne die Ausstellung dieses Dokuments entsteht. Die Fiktionsbescheinigung stellt diese Tatsache lediglich fest und bestätigt die Rechtswirkung des legalen Aufenthalts während der Antragsprüfung. Die Fiktionswirkung besteht daher bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde über den Antrag fort, unabhängig davon, ob die Bescheinigung mit einer bestimmten Geltungsdauer ausgestellt oder nach Ablauf der Geltungsdauer erneuert wird. Dennoch wird empfohlen, bei der Ausländerbehörde eine Fiktionsbescheinigung zu beantragen (z. B. zur Vorlagen bei Behörden, Arbeitgeber etc.). Hierfür ist eine Gebühr von 20,00 Euro zu entrichten.
Zu beachten ist, dass die Fiktionsbescheinigung nur gültig ist, wenn der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis fristgerecht (d. h. vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums oder der Aufenthaltserlaubnis) gestellt wird. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in bestimmten Fällen möglich (siehe unten). Wurde der Antrag verspätet oder gar nicht gestellt, gilt der Aufenthalt in Deutschland als illegal und strafbar. Mit der Entscheidung der Ausländerbehörde erlischt die Aufenthaltserlaubnis. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Entscheidung positiv oder negativ ausfällt.
Erlaubnisfiktion und Duldungsfiktion
Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt (§ 81 Abs. 3 AufenthG). Diese Regelung gilt für Ausländer, die sich rechtmäßig in Deutschland aufhalten und weder über ein Visum noch über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen (z. B. anerkannte Flüchtlinge oder Staatsangehörige der Länder, für die die Visumfreiheit gilt).
Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab die Abschiebung dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als ausgesetzt (Duldungsfiktion).
Anträge auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis müssen fristgerecht gestellt werden. Beispiel: Ein US-Amerikaner benötigt für die Einreise nach Deutschland kein Einreisevisum. Beabsichtigt er jedoch, sich längerfristig in Deutschland aufzuhalten, muss er innerhalb von drei Monaten nach der Einreise einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stellen. Wird der Antrag verspätet gestellt, wird kein fiktives Aufenthaltsrecht aktiviert. In diesem Fall gilt sein Aufenthalt als illegal. Seine Abschiebung aus dem Land gilt jedoch als vorübergehend aufgeschoben (Duldungsfiktion).
Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis / eines Visums (Fortbestandsfiktion)
Eine fiktives Aufenthaltsrecht entsteht auch im Falle einer Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis bzw. eines Visums oder im Falle der Beantragung einer anderen Aufenthaltserlaubnis. Beispiel: ein Ausländer besitzt eine Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken und beantragt eine Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung. Auch hier ist es wichtig zu wissen, dass die Aufenthaltserlaubnis nur dann als fortbestehend gilt, wenn der Ausländer vor Ablauf der Gültigkeitsdauer einen Antrag stellt. Andernfalls erlischt die Aufenthaltserlaubnis und der Ausländer hält sich illegal in Deutschland auf. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann die Ausländerbehörde nach eigenem Ermessen die Fortgeltungswirkung anordnen. Allerdings muss der Ausländer das Vorliegen solcher Umstände nachweisen.
Die Fiktionswirkung ist ausgeschlossen, wenn sich der Ausländer auf der Grundlage eines Schengen-Visums in Deutschland aufhält. Sein Aufenthalt ist nur bis zum Ablauf seines Schengen-Visums erlaubt, unabhängig davon, ob er einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis gestellt hat. Sobald sein Visum abläuft, gilt sein Aufenthalt als illegal und er ist ausreisepflichtig. Die Fiktionswirkung ist auch im Falle einer Ausweisung oder des Entzugs der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen.
Aus- und Einreise aufgrund einer Fiktionsbescheinigung
Reist der Ausländer während der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 AufenthG (Fortbestandsfiktion) aus dem Bundesgebiet aus, besteht diese Wirkung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde fort und der Ausländer kann bis zu diesem Zeitpunkt wieder in das Bundesgebiet einreisen, ohne die Visumpflicht einhalten zu müssen. Insoweit kann der Ausländer den Berechtigungsinhalt des ungültig gewordenen Aufenthaltstitels bis zur Behördenentscheidung ausschöpfen. Danach bestimmt sich seine aufenthaltsrechtliche Position nach dieser Entscheidung. Allerdings kann die Ausländerbehörde je nach Einzelfall, beispielsweise bei unklaren Sachverhalten, die Auslandsreisen ausschließen. Die Wiedereinreisefristen nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 und 7 AufenthG müssen eingehalten werden, um das Erloschen der Aufenthaltserlaubnis zu vermeiden.
Eine Einreise ins Bundesgebiet auf der Grundlage einer nach § 81 Abs. 3 AufenthG erteilten Fiktionsbescheinigung (Erlaubnisfiktion) ist nicht möglich, da der Ausländer nicht über eine Aufenthaltserlaubnis verfügt, die „fiktiv“ verlängert werden kann. Dies gilt insbesondere für ein nationales Visum zur einmaligen Einreise.