Die Blaue Karte EU
Die Blaue Karte EU ist eine Aufenthaltserlaubnis, die qualifizierten Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern den Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt erleichtert. Dies ermöglicht Ausländern, in EU-Ländern zu arbeiten und zu leben. Die Blaue Karte kann in gewisser Weise als europäisches Analogon zur amerikanischen Green Card betrachtet werden. Beide Aufenthaltstitel dienen dazu, hochqualifizierten Fachkräften aus dem Ausland den Zugang zum Arbeitsmarkt und die Möglichkeit zur dauerhaften Niederlassung zu erleichtern. Seinem Zweck nach soll es die Arbeitsmigration aus Drittstaaten in die Länder der Europäischen Union fördern und die Mobilität innerhalb der EU gewährleisten. Die Blaue Karte wird gemäß der EU-Richtlinie 2009/50/EG erteilt und ist ihrer Rechtsnatur nach eine besondere Form der Aufenthaltserlaubnis.
Allerdings konnten die Ziele der Blaue Karte EU wider Erwarten nur teilweise verwirklicht werden. Aufgrund hoher Anforderungen können nur wenige Ausländer die Blaue Karte EU erhalten. Im Durchschnitt beträgt die Gesamtzahl der Ausländer, die in Deutschland eine Blaue Karte erhalten, nicht mehr als 7.000 Personen pro Jahr. Das nahm der Gesetzgeber zum Anlass und änderte am 23. Juni 2023 die Bedingungen für die Erteilung der Blauen Karte. Das Gesetz trat am 18. November 2023 in Kraft.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen wird die Blaue Karte auch dann erteilt, wenn der Ausländer im Wege der Arbeitnehmerüberlassung als Leiharbeitnehmer beschäftigt ist, da eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nicht erforderlich ist (Ausnahmen siehe unten). Die Blaue Karte setzt ein inländisches Arbeitsverhältnis voraus. Ist eine ausländische Fachkraft in Deutschland sozialversicherungspflichtig, handelt es sich in der Regel um ein inländisches Arbeitsverhältnis.
Voraussetzung für die Erteilung einer Blauen Karte EU ist in jedem Fall, dass dem Arbeitnehmer ein konkretes Arbeitsplatzangebot für eine Beschäftigungsdauer von mindestens sechs Monaten vorliegt.
Beim § 18g AufenthG handelt es sich um eine Muss-Vorschrift. Bei Vorliegen aller Voraussetzungen wird eine Blaue Karte erteilt. Die Titelerteilungssperre gem. § 10 Abs. 3 S. 1 AufenthG gilt nicht.
Erteilungsvoraussetzungen
Die Blaue Karte EU wird ohne Zustimmung der Agentur für Arbeit erteilt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Anerkannter Hochschulabschluss
Der Ausländer muss einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen.
Die Bewerberinnen und Bewerber müssen nachweisen, dass sie ein Hochschulstudium erfolgreich abgeschlossen haben. Wurde der Abschluss im Ausland erworben, muss er in Deutschland anerkannt sein oder eine Gleichwertigkeit zu einem deutschen Abschluss vorliegen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Anerkennung vorab zu beantragen. Für reglementierte Berufe ist eine formale Anerkennung erforderlich. Für nicht-regulierte Berufe kann eine Zeugnisbewertung durchgeführt werden. Sollte keine formale Anerkennung vorliegen, können bei nicht reglementierten Berufen die Bewertungsempfehlungen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (anabin) als Orientierung dienen. Die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen bietet wertvolle Informationen und Unterstützung bei der Bewertung ausländischer Abschlüsse.
Mindestgehaltsschwelle
Die Mindestgehaltsschwelle muss 50 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung entsprechen.
Für gefragte Berufe (Fachkräfte, Ärzte, Ingenieure, Informatiker, Mathematiker) sowie für Personen, deren in Deutschland anerkannter Hochschulabschluss nicht länger als drei Jahre vor der Beantragung der Blauen Karte zurückliegt, muss der Antragsteller ein Gehalt in Höhe von mindestens 45,3% Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nachweisen. Allerdings ist in diesem Fall die Zustimmung der Agentur für Arbeit erforderlich.
Der Bezug von Kindergeld ist unschädlich. Eine Erhöhung der Mindestgehaltsschwelle durch Änderung der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherungsgrenze zu Beginn des Jahres hat keinen Einfluss auf die Gültigkeit einer bereits ausgestellten Blauen Karte. Somit bleibt die ausgestellte Blaue Karte für die vorgesehene Gültigkeitsdauer gültig, auch wenn das Jahresgehalt nicht die neue Mindestgehaltsschwelle erreicht. Sollte jedoch aufgrund des Ablaufs eine Verlängerung erforderlich sein, müssen die zu diesem Zeitpunkt geltenden Gehaltsgrenzen eingehalten werden. Auch im Arbeitsvertrag vereinbarte Sonderleistungen wie Weihnachtsgeld oder andere relevante Zuwendungen (z. B. Urlaubsgeld) werden berücksichtigt.
Die Blaue Karte wird in der Regel für eine Vollzeitbeschäftigung ausgestellt. Erreicht das tatsächliche Gehalt bei einer Teilzeitbeschäftigung die jeweilige Mindestlohngrenze, wird eine Blaue Karte auch für eine Teilzeitbeschäftigung ausgestellt.
Angemessenheit der Qualifikation
Die angestrebte Beschäftigung muss der Qualifikation angemessen sein. Bei reglementierten Berufen wird die Fachrichtung des Hochschulabschlusses eine entscheidende Rolle bei der Anerkennung spielen. Bei nicht reglementierten Berufen gehören zu den Tätigkeiten, die einer Berufsqualifikation entsprechen, auch Tätigkeiten, die in der Regel einen akademischen Abschluss erfordern und die zumindest teilweise oder mittelbar im Rahmen einer Hochschulausbildung erworbene Kenntnisse voraussetzen (z. B. beispielsweise die Beschäftigung eines Arztes in einer nicht reglementierten Position an einem Forschungsinstitut).
Blaue Karte für IT-Fachkräfte ohne Bildung
Erfüllt die IT-Fachkraft die oben genannten Voraussetzungen nicht (z. B. wegen fehlender Hochschulbildung), so wird ihr mit Zustimmung der Agentur für Arbeit eine Blaue Karte zur Ausübung einer ihren Qualifikationen und Fähigkeiten entsprechenden Arbeitstätigkeit ausgestellt, wenn sie folgende Bedingungen erfüllt:
- die IT-Fachkraft ist eine Fach- oder Führungskraft auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologien das Gehalt beträgt mindestens 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherungsgrenze
- es liegen keine Ablehnungsgründe nach § 19f Abs. 1 und 2 AufenthG vor
- die IT-Fachkraft hat in den letzten sieben Jahren mindestens dreijährigen Berufserfahrung auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologien erworben,
- ihre Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sind mit einem Hochschulabschluss oder einem Abschluss eines mit einem Hochschulstudium gleichwertigen tertiären Bildungsprogramms vergleichbar und sind für die Ausübung der Beschäftigung erforderlich.
Wechsel von einer Aufenthaltserlaubnis zur Blauen Karte
Die Blaue Karte kann für Ausländer mit einer gültigen Aufenthaltserlaubnis nach § 18b AufenthG vereinfacht erteilt werden, wenn
- für die Ausübung der Beschäftigung mit der Blauen Karte EU dieselbe Berufsausübungserlaubnis wie für die Aufenthaltserlaubnis nach § 18b AufenthG erforderlich ist
- der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18b AufenthG hat für die Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis denselben Hochschulabschluss vorgelegt, der für die Erteilung der Blauen Karte EU maßgeblich ist.
Darüber hinaus gilt für die Erteilung einer Blauen Karte EU der Lebensunterhalt als gesichert, wenn der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 18a, 18b AufenthG besitzt und der Arbeitsplatz nicht gewechselt wird. Dies gilt für Fälle, in denen der Ausländer nach einer Gehaltserhöhung eine Blaue Karte beantragt. Sonstige aufenthaltsrelevante Umstände, die sich seit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis geändert haben (z. B. Mieterhöhung, Familienzusammenführung, Geburt eines Kindes), werden bei der Erteilung der Blauen Karte nicht berücksichtigt.
Verlängerung
Für die Verlängerung der Blauen Karte EU müssen in der Regel alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt sein. Allerdings in Fällen, in denen
- der Antragsteller den Hochschulabschluss oder den Abschluss des mit einem Hochschulstudium gleichwertigen tertiären Bildungsprogramms nicht mehr als drei Jahre vor der Beantragung der Verlängerung der Blauen Karte EU erworben hat oder
- seit der Erteilung der ersten Blauen Karte EU weniger als 24 Monate vergangen sind und der Hochschulabschluss nicht mehr als drei Jahre vor der Beantragung der ersten Blauen Karte EU erworben wurde,
ist ein Gehalt in Höhe von mindestens 45,3% Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nachzuweisen.
Arbeitsplatzwechsel
Der Inhaber einer Blauen Karte EU benötigt für den Arbeitsplatzwechsel keine Genehmigung der Ausländerbehörde. Allerdings muss er den Arbeitsplatzwechsel in den ersten 12 Monaten der Beschäftigung der zuständigen Ausländerbehörde mitteilen. Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht kann zum Widerruf der Blauen Karte führen (s.u.). Während der ersten zwölf Monate kann die zuständige Ausländerbehörde diesen Arbeitsplatzwechsel für 30 Tage aussetzen und innerhalb dieses Zeitraums ablehnen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Blauen Karte nicht vorliegen. Die Frist von 12 Monaten beginnt in der Regel ab dem Tag der Beschäftigungsaufnahme, für die die Blaue Karte EU ausgestellt wurde. Die 12-Monats-Frist wird durch die Zeit der Aussetzung oder die Ablehnung des Arbeitsplatzwechsels durch die Ausländerbehörde nicht unterbrochen. Sie beginnt nicht erneut, wenn innerhalb von 12 Monaten der Arbeitsplatz gewechselt wird.
Bei einem Arbeitsplatzwechsel geht es nicht nur um einen Arbeitgeberwechsel. Auch ein Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses beim gleichen Arbeitgeber kann Auswirkungen auf den Fortbestand der Voraussetzung für die Erteilung der Blauen Karte EU haben.
Ablehnungsgründe
Die Blaue Karte wird nicht erteilt an Ausländer,
- die sich im Rahmen einer Regelung zum vorübergehenden Schutz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten oder die in einem Mitgliedstaat einen Antrag auf Zuerkennung vorübergehenden Schutzes gestellt haben,
- deren Abschiebung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgesetzt wurde,
- die eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU oder einen Aufenthaltstitel, der durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilt wurde, besitzen,
- die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes gestellt haben, über den noch nicht abschließend entschieden worden ist,
- die einen die einen Aufenthaltstitel aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen (außer § 25 Absatz 1 oder 2 AufenthG) besitzen oder eine vergleichbare Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehaben,
- einen Aufenthaltstitel aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen oder eine vergleichbare Rechtsstellung im Bundesgebiet oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union beantragt haben und über deren Antrag noch nicht abschließend entschieden worden ist
Blaue Karte anderer EU-Länder
Der Inhaber einer gültigen Blauen Karte eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union benötigt für die Einreise und den anschließenden Aufenthalt zur Ausübung von Arbeitstätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Verpflichtungen aus einem Arbeitsvertrag stehen, weder eine Aufenthaltserlaubnis noch eine Arbeitserlaubnis von der Bundesagentur für Arbeit, wenn die Aufenthaltsdauer innerhalb von 180 Tagen 90 Tage nicht überschreitet. Wird die Blaue Karte von einem Staat der Europäischen Union ausgestellt, der nicht zum Schengen-Raum gehört, muss der Ausländer außerdem einen Nachweis über den geschäftlichen Zweck seines Aufenthalts mit sich führen und diesen gegebenenfalls bei der Grenzkontrolle vorzeigen.
Gültigkeitsdauer
Die Blaue Karte wird für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren erteilt. Ist der Arbeitsvertrag oder die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit auf einen kürzeren Zeitraum befristet, gilt der entsprechende kürzere Zeitraum plus drei Monate als Obergrenze.
Niederlassungserlaubnis
Nach 33 Monaten erfolgreicher Beschäftigung besteht die Möglichkeit, eine unbefristete Niederlassungserlaubnis zu beantragen. Beherrscht der Ausländer die deutsche Sprache auf dem Niveau B1, verkürzt sich diese Frist auf 21 Monate. Darüber hinaus besteht bei ausreichendem Wohnraum eine einfachere Möglichkeit zur Familienzusammenführung.
Aufenthaltserlaubnis für Eltern
Die Eltern eines Ausländers, der ab dem 1. März 2024 erstmals eine Blaue Karte erhalten hat, können durch Familienzusammenführung eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Diese Regelung gilt auch für die Eltern des Ehegatten, der mit dem Inhaber der Blauen Karte in Deutschland lebt. Eine Aufenthaltserlaubnis kann nur erteilt werden, wenn ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts vorhanden sind. Voraussetzung ist, dass der Elternteil krankenversichert ist. Wenn der Elternteil nicht berufstätig ist, ist eine Krankenversicherung nur über private Krankenversicherung möglich. Der monatliche Beitrag beginnt bei mehreren hundert Euro und kann tausend Euro übersteigen. Die Höhe der Zahlung richtet sich in der Regel nach Alter und Gesundheitszustand. Es ist zu beachten, dass private Krankenversicherung nicht berechtigt ist, die Versicherung eines Ausländers mit ständigem Wohnsitz in Deutschland zu verweigern. Ihre Pflicht zum Abschluss eines Versicherungsvertrages ist gesetzlich verankert (§ 193 Abs. 5 Nr. 2 VVG).
Widerruf der Blauen Karte
Eine Blaue Karte EU kann widerrufen werden, wenn
- die Voraussetzungen der Erteilung nicht mehr erfüllt sind,
- der Inhaber einer Blauen Karte EU der zuständigen Ausländerbehörde die erforderlichen Mitteilungen nicht oder nicht rechtzeitig macht,
- der Inhaber der Blauen Karte EU gegen Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union über die Mobilität von Inhabern einer Blauen Karte EU im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2021/1883 verstoßen hat.
Bei einem Widerruf der Blauen Karte muss auch die dem Familienangehörigen erteilte Aufenthaltserlaubnis widerrufen werden, es sei denn, der Familienangehörige hat einen eigenständigen Anspruch auf einen Aufenthaltstitel.
Vorzulegende Dokumente
- Passfoto
- Antragsformular
- Reisekrankenversicherung für die Einreise
- Arbeitsvertrag oder verbindliches Arbeitsplatzangebot
- Formblatt zum Beschäftigungsverhältnis
- Nachweise über Hochschulabschluss
- ggf. Berufsausübungserlaubnis (z.B. für Ärzte)
- Lebenslauf
- Reisepass